Terrorismus

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«Terror»-Film im Schweizer Fernsehen

«Terror»
Was ist Realität, was ist Fiktion?

Theaterstücke und Filme müssen, wenn sie aufklärend, belehrend oder propagandistisch sein sollen, die Realität holzschnittartig wiedergeben. Der Film «Terror – Ihr Urteil bitte» ist so ein Film.

Der Zuschauer ist dabei aufgerufen, sich selber ein Urteil zu bilden und dies auch in einer Abstimmung kundzutun. Das ist in der Schweiz Tradition, das ist eine wertvolle Funktion in einer freien Gesellschaft.

Wer sich mit schwierigen Entscheidungen auseinandersetzt, muss aber auch sicher sein, sich auf verlässliche Informationen stützen zu können.

terror-moral-ethik-gesetzDer Film geht davon aus, dass ein Kampfpilot plötzlich und unvorbereitet vor der Entscheidung steht, ein Passagierflugzeug abzuschiessen, das möglicherweise durch einen gezielten Absturz in ein Fussballstadion eine vielfach grössere Anzahl Menschen töten könnte.

Das Szenario ist seit «9/11», dem doppelten Flugzeugangriff auf die WTC-Wolkenkratzer in New York, durchaus realistisch. Und die Ereignisse der letzten Zeit zeigen uns wieder, dass Terroristen grundsätzlich zu allem bereit sind.

Sind unsere Ängste wirklich berechtigt?

Ja. Der Zerstörungswahn terroristischer, zurzeit vor allem radikalislamischer, Gruppen ist ungebrochen. Paris, Brüssel, München sind dafür Belege.

Doch sind wir wirklich völlig hilflos ausgeliefert, muss ein alleingelassener junger Pilot die ganze schwere Last der einsamen Entscheidung treffen und sich dann noch vor Gericht verantworten?

Nein.

Alarm! hat dafür Verantwortliche in der Schweiz direkt befragt. So unvorbereitet wie im Film suggeriert ist die Schweiz nicht.
Federführend für diese Bedrohungslage ist das Militärdepartement VBS, präzise Antworten auf die Fragen hat uns der Departementssprecher Renato Kalbermatten geliefert.

Rechtliche Grundlage

Seit 2005 existiert die «Verordnung über die Wahrung der Lufthoheit».

Zwei Punkte sind dabei entscheidend: Gemäss Artikel 9 dürfen bei nicht eingeschränktem Luftverkehr «gegen zivile Luftfahrzeuge keine Waffen eingesetzt werden». Ausgenommen sind allerdings «Notwehr» (falls ein Flugzeug angegriffen wird) und «Notstand», also wenn Gefahr von Dritten abgewendet werden muss. Dieser zweite Bereich ist juristisch hoch-heikles Gebiet, und es ist denn auch vorgesehen, diese Frage in der kommenden Revision des Militärgesetzes zu regeln.

Für die tägliche Realität gibt es nach Auskunft von Kalbermatten entsprechende Vorschriften, Anweisungen und Manuals, und das Thema wird gemäss dem Departementssprecher auch bei der Pilotenausbildung intensiv behandelt und trainiert.

Zudem ist international bekannt, dass «bei Nichtbefolgen luftpolizeilicher Anordnungen im äussersten Fall der Abschuss drohen» kann. Das Problem: Terroristen ist das egal – sie provozieren es geradezu.

Wer befiehlt?

Es gibt einen einleuchtenden theoretischen Befehlsweg, gut dargestellt durch ein Video von SRF:

http://www.srf.ch/play/tv/news-clip/video/wie-im-terror-fall-entscheiden-wird?id=d600598d-5ffa-4aab-a2fd-8d753427712a

Eine eindeutige Befehlskette gibt es aber nicht. Der VBS-Sprecher verweist auf den allgemeinen Grundsatz, wonach im Notwehr- und Notstandsfall alle Beteiligten auf allen Stufen zu Entscheidungen befugt sind. Der Volksmund nennt sowas «Aktion wilde Sau».

Die «Verordnung über die Wahrung der Lufthoheit» gibt zwar eine Reihe von gegenseitigen Informationspflichten, aber einen klaren Befehlsablauf gibt es nicht. Eine formelle Verantwortung trägt der Vorsteher des VBS (Bundesrat Guy Parmelin) resp. der Luftwaffenchef für den Abschuss von zivilen Flugzeugen.

Der Pilot ist nicht allein, aber den Letzten beissen immer die Hunde

Alarm! hat dieser Recherchen im Vorfeld des TV-Film «Terror» mit der Absicht aufgenommen, fünfzehn Jahre nach dem verheerenden 9/11-Ereignis in New York eine funktionierende Krisenorganisation vorstellen zu können. Wir waren also «positiv voreingenommen».

Auch wenn der Schweizer Pilot heute nicht mehr so einsam in der Luft seine Entscheidung treffen muss – wir haben keine wirklich greifbare Organisation gefunden. Aber Alarm! recherchiert weiter. Sobald wir mehr wissen, wissen Sie es auch.

Interessant auch die tatsächlichen Einsätze in Deutschland:
http://www.bundeswehr-journal.de/2016/viel-arbeit-fuer-die-eurofighter-alarmrotten/

(Quellen: VBS)
(Bild: SRF)
(Veröffentlicht/zuletzt geändert: 14. Oktober 2016/17. Oktober 2016)

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Verändert Terrorismus unser Verhalten?

Terroranschläge in Frankreich oder Belgien beeinflussen unser Empfinden stark – zumindest in den ersten Tagen nach den Vorfällen. Aber wie, und wie stark, reagieren Menschen, die den Terror nicht in ein paar hundert Kilometern, sondern direkt vor der Haustür erlebt haben?

Die französische Zeitung «Direct Matin» hat Anfang Februar eine Umfrage beim «Institut CSA» in Auftrag gegeben, die Terrorismus Le PointInteressantes zutage fördert. «Sieben von zehn Franzosen haben ihre Gewohnheiten infolge der aktuellen terroristischen Bedrohung nicht geändert», wird das Resultat zusammengefasst.

Julie Gaillot, stellvertretende Direktorin bei CSA, präzisiert: «Gut drei Monate nach den Anschlägen vom 13. November letzten Jahres ist die Bevölkerung nicht mehr unter dem Druck der aktuellen Emotionen, von einer Psychose ist nichts zu bemerken. Die grosse Mehrheit hat ihren Lebensstil nicht verändert.».

Den stärksten Einfluss sieht sie beim Reiseverhalten: 24 Prozent der Befragten haben ihre Reisepläne geändert, sei es wegen Flugangst oder wegen der Terrorakte an zahlreichen beliebten Reisezielen.

Auch beim Besuch von Veranstaltungen sind Veränderungen zu bemerken: 13 Prozent der Befragten geben an, hier ihr Verhalten geändert zu haben. Das sind allerdings keine aufsehenerregenden Werte, ebensowenig wie die 11 Prozent, die ihr Verhalten bei der Benutzung des öffentlichen Verkehrs und beim Besuch von Läden (10 Prozent) geändert haben.

Jüngere sind stärker beunruhigt

Männer zeigen sich etwas weniger beunruhigt (73 Prozent) als Frauen (70 %), die «tendenziell vorsichtiger, eher beunruhigt und auch empfänglicher für angsteinflössende Nachrichten» sind. Signifikant ist dieser Unterschied aber nicht.

Auffällig ist hingegen, dass die Generation zwischen 25 und 34 Jahren deutlich stärker auf die Ereignisse reagiert (nur 66 Prozent haben ihr Verhalten nicht geändert), im Gegensatz zu jüngeren Personen zwischen 18 und 24 Jahren und älteren (über 65 Jahre). Das hat wohl mit dem entsprechenden Ausgehverhalten zu tun.

Ein deutlicher Unterschied zeigt sich auch zwischen den Bewohnern der Region um Paris (Ile de France), wo nur 64 Prozent ihr Verhalten nicht geändert haben, im Gegensatz zu den Bewohnern in der Provinz, wo 73 Prozent ihr gewohntes Verhalten bewahrt haben. 

Wie verschiedene Medien mit solchen Informationen umgehen

Die Umfrage von CSA wurde von »Direct Matin» sehr zurückhaltend und sachlich weitergegeben – vielleicht etwas gar zu vorsichtig, indem konsequent immer nur die Werte genannnt wurden, wo keine Veränderung stattgefunden hat.

Andere Medien hatten da weniger Skrupel. Während «Direct Matin» in der Titelzeile meldete: «Sieben von zehn Franzosen haben ihr Verhalten nicht geändert», schrieben sowohl «Le Point» wie der «Figaro» mit Bezug auf die selbe Studie, fast «jeder dritte Franzose hat sein Verhalten geändert».

Das mag von den Zahlen her einigermassen stimmen. Es zeigt aber auch, wie gezielt richtige Zahlen zu bestimmten Zwecken um-interpretiert werden können. Das ist beileibe nichts Neues – aber es zeigt einmal mehr, wie vorsichtig wir mit vermeintlich präzisen Zahlen umgehen müssen.

Bleiben Sie misstrauisch.

Die Umfrage von CSA wurde vom 8. bis 10. Februar über Internet bei einer repräsentativen Auswahl von 985 Franzosen über 18 Jahren durchgeführt. Den genauen Wortlaut der Studienresultate finden Sie unter http://www.csa.eu/multimedia/data/sondages/data2016/opi20160210-les-francais-et-la-menace-terroriste.pdf

Quellen
http://www.directmatin.fr/france/2016-03-14/exclusif-7-francais-sur-10-nont-pas-change-leurs-habitudes-cause-de-la-menace
http://www.lepoint.fr/societe/menace-terroriste-un-francais-sur-3-a-change-ses-habitudes-14-03-2016-2025348_23.php
http://www.lefigaro.fr/flash-actu/2016/03/14/97001-20160314FILWWW00364-un-francais-sur-trois-a-change-ses-attitudes-face-a-la-menace-terroriste.php
http://www.csa.eu/multimedia/data/sondages/data2016/opi20160210-les-francais-et-la-menace-terroriste.pdf

Veröffentlicht/zuletzt geändert: 25. März 2016

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